Prolog

«Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als grosse, die man plant.»

(Peter Marshall)

Agile Methoden haben sich in unserer schnelllebigen Zeit vielerorts als den traditionellen Ansätzen überlegen erwiesen. Es ist daher folgerichtig, dass sie auch von den Behörden häufiger eingesetzt werden und in HERMES ihren Niederschlag finden. Die Erfahrungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK zeigen allerdings, dass die konsequente Anwendung einer Methode leider kein Garant für eine erfolgreiche Projektdurchführung ist. Wichtig sind auch weitere Aspekte. Wir ermuntern Sie daher, Folgendes im Auge zu behalten:

Vergegenwärtigen Sie sich, dass der Kulturwandel bei Veränderungen zentral ist.

Machen Sie allen Beteiligten von Beginn an bewusst, dass Innovation nicht alleine durch Technologie getrieben wird, sondern beim einzelnen Mitarbeitenden beginnt. Fördern Sie die Dialogbereitschaft, lernen Sie mit Unsicherheiten zu leben, stellen Sie Tabus infrage und lassen Sie Fehler zu. Eine Null-Fehler-Kultur ist - nicht nur, aber vor allem - für die agile Welt fatal.

Stellen Sie das Geschäft und den Endnutzer in den Fokus.

Steuern Sie als Auftraggeber das Vorhaben, indem sie den erwarteten Geschäftsnutzen ins Zentrum stellen und die Berichterstattung konsequent danach ausrichten. Definieren Sie z. B. über Meilensteine, wann Sie welchen Nutzen realisiert haben wollen und überlassen Sie die Projektdurchführung primär dem Projektteam.

Zögern Sie nicht im Hinblick auf die Transformationsvorhaben der Verwaltung, bestehende Organisationen und Prozesse zu hinterfragen. Motivieren Sie die Beteiligten, die Lösung zusammen mit den Nutzern zu kreieren. Im Falle der Verwaltung sind das beispielsweise Bürger, Unternehmen, Subventionsempfänger aber auch Kantone und Gemeinden. Wagen Sie es, alle Beteiligten zur Zusammenarbeit aufzufordern, sodass am Ende ein durchgängiger End-to-End-Prozess entsteht.

Setzen Sie in Ihrem Vorhaben die Puzzleteile lückenlos zusammen.

Orchestrieren Sie Ihre Vorhaben in einer Weise, dass sie vereint einen wertvollen Beitrag zur Erreichung Ihrer strategischen Ziele leisten. Schicken Sie Architektur-, IKS- * Das interne Kontrollsystem (IKS) der Bundesverwaltung, das zwischen 2007 und 2008 eingeführt wurde. und Sicherheits-Verantwortliche früh ins Rennen, damit ihre Anforderungen tatsächlich berücksichtigt werden. Und überzeugen Sie sich letztlich davon, dass ausreichend explizite Testfälle für die internen Kontrollen und Sicherheitselemente vorliegen und diese möglichst automatisiert durchgeführt werden.

Statten Sie Ihre Organisation mit Kompetenzen aus.

Sichern Sie sich rechtzeitig und nachhaltig die Schlüsselressourcen und bestätigen Sie unmissverständlich deren rollenspezifische Verantwortlichkeiten. Achten Sie darauf, dass der Anwendervertreter (Product Owner) sowohl über das Fachwissen wie auch die nötigen Entscheidungsbefugnisse verfügt und starten Sie nie ohne ein ausgereiftes Qualitäts- und Risikomanagement.

Wir werden bei unseren Prüfungen in der Bundesverwaltung auf diese Aspekte achten und freuen uns, zusammen mit allen Anwendern, diese neue Welt zu entdecken. Falls Sie Fragen haben, wenden Sie sich an uns: info@efk.admin.ch .

Eidgenössische Finanzkontrolle EFK

www.efk.admin.ch

HERMES im neuen Kleid

(Libor F. Stoupa, Autor HERMES-Projektmanagement, Ausgabe 2022)

Die vorliegende Ausgabe 2022 von HERMES-Projektmanagement reflektiert das sich in den letzten Jahren wandelnde Projektverständnis und die Erwartungen der Anwender an ein fortschrittliches Projektvorgehen. Einerseits sollte das agile Entwicklungsvorgehen im HERMES-Projektmanagement an die aktuellen Bedürfnisse der Organisationen angepasst werden. Hierbei sollte die bereits vorhandene agile Vorgehensweise optimiert und in das Phasenmodell eingebunden werden. Und dies unter Berücksichtigung der Governance, eines einheitlichen Vorgehens in den Projekten und der bereits bewährten Schnittstellen zu der Projektumgebung. Anderseits sollten Aspekte wie Organisation und Geschäftsorientierung stärker ins Gewicht fallen und die IT-Lastigkeit weiter verringert werden.

HERMES unterscheidet zwischen klassischem und hybridem Projektmanagement. Mit dem hybriden Projektmanagement erlaubt es nun diverse agile Entwicklungsmethoden einheitlich einzubinden. Ansonsten bietet HERMES die gleiche Struktursystematik und die gleichen Methodenelemente wie bis anhin. Auch die Methode blieb in den Grundzügen gleich strukturiert, nur die Ergebnisse stehen nun mehr im Zentrum, was zur Anpassung der Kapitelreihenfolge mit zum Teil neuen Überschriften führte.

Die eigenständige HERMES-Terminologie blieb unabhängig vom Entwicklungsvorgehen weitgehend unverändert. Das klassische Entwicklungsvorgehen entspricht der heute breit angewandten Praxis, das Business bzw. Fach stärker ins Zentrum zu stellen. Bei der agilen Entwicklung ist neu eine mögliche Releasefreigabe vorgesehen, die dem Auftraggeber eine zusätzliche Gelegenheit gibt, analog einer Phasenfreigabe den nächsten Schritt zu bestimmen und dadurch zusätzlich die Governance zu sichern.

Weitere wichtige Anpassungen:

  1. Die Projektphasen berücksichtigen die Anforderungen der agilen Welt.
  2. Im Vordergrund steht das Projektmanagement, das agile Entwicklungsmanagement ist als Methode untergeordnet und wird, ohne näher auf sie einzugehen, als eine Blackbox integriert.
  3. Das Projekt beginnt bereits mit einer schlanken Phase Initialisierung, die Szenariowahl kommt erst beim Entscheid Weiteres Vorgehen zum Tragen.
  4. Der Beschaffungsprozess wird bereits in der Initialisierung geplant und vorbereitet - so ermöglicht er die Szenarien mit Adaption.
  5. Die Steuerungsfunktion der Meilensteine ist verstärkt. Die Meilensteine sind neu als Methodenelemente greifbar und gelten unabhängig der gewählten Vorgehensweise.
  6. Neu ist bei den Aufgaben definiert, welche vorliegenden Ergebnisse die Voraussetzung für ihre Durchführung bilden.
  7. Minimal zu besetzende Rollen sind Auftraggeber, Projektleiter und Anwendervertreter, die zwingend durch die Partnergruppe Anwender zu besetzen sind.
  8. Die Führungs- und die fachliche Kompetenz sind klar und eindeutig geregelt und rollenspezifisch voneinander getrennt. Der Projektleiter braucht kein Fachwissen mehr, dafür umso mehr entsprechende Managementkenntnisse und -fähigkeiten. Er kann somit von der Partnergruppe Anwender auch extern rekrutiert werden. Die Rolle des Anwendervertreters hat dafür an Bedeutung gewonnen; sie besitzt die fachliche Produktverantwortung (klassisch und agil). Dementsprechend steigen auch die Anforderungen an den Rolleninhaber.

Das vorliegende Handbuch stellt analog den vorherigen Ausgaben eine Grundlage für eher grössere Projekte dar. Allerdings wird eine vorhabenbezogene Anwendung der Methode erwartet (Tailoring). Der Umfang der zu erstellenden Dokumente wird online mit dem individuell anpassbaren Sizing erreicht. Ziel ist es, die Komplexität des Vorgehens so tief wie möglich zu halten und die Anwenderfreundlichkeit des HERMES-Projektmanagements weiter zu steigern.

Wir hoffen, dass das neue HERMES Ihren Erwartungen entspricht und freuen uns auf Ihre Feedbacks.

HERMES ist ein Erfolgsprodukt und so soll es auch in Zukunft bleiben.