Methodenüberblick

HERMES-Projektmanagement - Big Picture

Das Ergebnisdiagramm (Abbildung 1) zeigt den groben Gesamtzusammenhang der Ergebnisse des HERMES-Projektmanagements.

Abbildung 1: Gesamtbild der HERMES-Module und der wesentlichen Ergebnisse entlang der Phasen
Abbildung 1: Gesamtbild der HERMES-Module und der wesentlichen Ergebnisse entlang der Phasen

HERMES ist eine ergebnisorientierte Vorgehensmethode; die Ergebnisse stehen im Zentrum. Das Gesamtbild zeigt die wesentlichen Ergebnisse der einzelnen Module entlang der Phasen sowie die groben Abhängigkeiten und Zusammenhänge. Die roten ovalen Iterationspfeile versinnbildlichen den Kern der Iteration, den treibenden Charakter der Module Produkt und IT-System während der agilen Entwicklung. Die Ergebnisse der anderen Module werden im gleichen Takt iterativ-inkrementell miterarbeitet.

Was ist HERMES-Projektmanagement?

HERMES-Projektmanagement ist die gesamtheitliche Managementmethode für das Durchführen von Projekten und Programmen verschiedener Art in vielen Tätigkeitsfeldern, wie in der Anpassung der Organisation, der Informatik oder der Entwicklung von Dienstleistungen und Produkten. Wie die Abbildung 2 zeigt, sind HERMES-Portfoliomanagement, HERMES-Projektmanagement und HERMES-Anwendungsmanagement gleichwertige Methodenelemente und bilden gemeinsam die HERMES-Methode.

Abbildung 2: Die drei obersten Methodenelemente der HERMES-Methode
Abbildung 2: Die drei obersten Methodenelemente der HERMES-Methode

HERMES-Projektmanagement unterstützt die Steuerung, Führung und Ausführung von Vorhaben und begleitet die Weiterentwicklung von organisatorischen Strukturen, Produkten und Dienstleistungen, IT- und Logistiksystemen, Infrastrukturen u. ä. unterschiedlicher Charakteristiken und Komplexitäten. Ein Projekt kann in Teilprojekte gegliedert werden, die unterschiedliche Aspekte desselben Projekts bearbeiten (z. B. Teilprojekte Anwender, Ersteller, Betreiber für Organisation, IT, Rechtsgrundlagen). Lange dauernde oder komplexe Vorhaben müssen nicht zwangsläufig als Programm strukturiert werden. Sie können als Projekte mit Realisierungseinheiten durchgeführt werden.

HERMES-Projektmanagement hat eine klare, einfach verständliche Methodenstruktur mit gemeinsamer Terminologie für alle Beteiligten, ist modular aufgebaut und erweiterbar. Es wird laufend aktualisiert und weiterentwickelt.

Auf die anderen zwei, gleich positionierten Methodenelemente Portfoliomanagement und Anwendungsmanagement, wird im HERMES-Projektmanagement nicht näher eingegangen.

Durch HERMES unterstützte Projektgrössen

Um die Vollständigkeit der Information und der Methode an sich zu gewährleisten, ist das HERMES-Projektmanagement durchgehend für grössere Projekte mit höherer Komplexität angelegt. Dies passt jedoch nicht zu jedem Vorhaben. Mit der im HERMES-Online bereitgestellten Sizing-Funktion werden die Standardszenarien gemäss der ermittelten tatsächlichen Projektwertigkeit angepasst. Diese wird aus einer Kombination von beispielsweise Durchlaufzeit, Grösse des Projektteams, Stakeholder-Struktur oder politische Brisanz ermittelt, die sich auf die Komplexität der zugrundeliegenden Lösungsvariante gemäss Studie bezieht. Aufgrund der ermittelten Wertigkeit des anvisierten Vorhabens stellt die Sizing-Funktion dem Projektleiter das gewählte, entsprechend zugeschnittene Szenario samt angepassten Dokumentvorlagen bereit.

Die in HERMES-Online eingestellten Projektgrössen/-wertigkeiten sind als generelle Standardannahmen zu verstehen. Sie können durch die Projektleitung oder die Stammorganisation ihren eigenen Bedürfnissen angepasst werden.

Nutzung des HERMES-Projektmanagements in der Praxis

Die HERMES-Projektmanagementmethode unterstützt zwei Vorgehensweisen: Das traditionelle klassische phasenweise Vorgehen nach Systems Engineering *Das klassische Vorgehensmodell des "Systems Engineerings", ETHZ, Walter F. Daenzer , nachfolgend " klassisch " genannt, und das iterativ-inkrementelle Vorgehen *In Anlehnung z. B. an Extreme Programming oder SCRUM: Vorwiegend zur agilen Softwareentwicklung genutzte Entwicklungsmethoden. Der Entwicklungsprozess steht im Mittelpunkt, spezifische Projektmanagementaspekte sind nicht vorgesehen. , nachfolgend " agil " genannt. Sie liefert ein Framework, das es erlaubt, unterschiedliche Vorgehensweisen und folglich auch die jeweils projektspezifisch eingesetzten Methoden einheitlich einzubetten.

Die Abbildung 3 zeigt den funktionalen Einsatz der HERMES-Projektmanagementmethode, veranschaulicht die Voraussetzungen für die Projektrollen zur Projektbearbeitung und zeigt auf, wie die Anwendung der Methode eine entsprechende, anderweitige methodische Ausbildung oder zumindest fundierte Projektpraxis voraussetzt: Die Projektmanagementmethode kanalisiert verschiedenen Orts erworbenes Wissen, erweitert dieses durch HERMES-spezifische Elemente und Terminologie und bietet allen Vorhaben einen homogenen Rahmen.

Abbildung 3: Die Funktionalität von HERMES-Projektmanagement in der Praxis
Abbildung 3: Die Funktionalität von HERMES-Projektmanagement in der Praxis

HERMES-Kurse und Zertifizierungen festigen die geforderte Kompetenz und Know-how. Dadurch wird sowohl projektintern wie auch gegenüber der Stammorganisation gleichartig rapportiert und kommuniziert und zeitgleich werden die flankierenden Rahmenanforderungen des HERMES-Projektmanagements (siehe Kapitel 7, z. B. Governance) erfüllt. Somit können Projekte aller Art in der Stammorganisation einheitlich verankert werden und weisen unabhängig der gewählten Vorgehensweise die gleiche Integration in die betrieblichen Abläufe auf.

Die Projektteams werden darin unterstützt, die für das Vorhaben gewählte Vorgehensweise anzuwenden und die von der Projektmanagementmethode verlangten Ergebnisse auf schlanke Art zu liefern. Insofern werden die klassischen und agilen Methoden nicht beschnitten, es werden aber hinsichtlich der Rollen, der Aufgaben oder der Ergebnisse zusätzliche Methodenelemente definiert, die als verbindliche Anforderungen notwendig sind. Das HERMES-Framework legt über die gewählte Vorgehensweise eine Struktur, die extern ein einheitliches Bild aller Projekte liefert und intern allen Projektbeteiligten die gleiche Sprache vermittelt. Dadurch wird das gewählte Projektvorgehen in sich völlig autonom und kann in jede Organisation integriert werden.

Unabhängig von der Projektart oder der Vorgehensweise erfolgen sowohl die Planung als auch das Controlling weitgehend auf die gleiche Art und Weise. Dies gilt auch für durch HERMES prinzipiell unterstützte Methoden wie SAFe SAFe ermöglicht die Anwendung von skalierter Agilität im breiten Unternehmensumfeld und im grossen
Massstab. HERMES mit agilem Entwicklungsmanagement ist mit SAFe bis zum «agile release train» kompatibel (z. B. Essential SAFe). , oder den prozessualen Optimierungsansatz DevOps *Bei DevOps (Development/Operations) steht der ganzheitliche LifeCycle eines Produkts, oder eines Systems, im Vordergrund - wird infolgedessen auch von HERMES-Anwendungsmanagement unterstützt. .

Die Schnittstellen des HERMES-Projektmanagements

Das HERMES-Projektmanagement deckt den gesamten Projektlebenszyklus ab und ist ergebnisorientiert. Es garantiert die Kompatibilität seiner standardisierten Schnittstellen innerhalb des Projekts und mit der Stammorganisation, wie z. B. Reporting, unabhängig davon, ob die Entwicklung klassisch oder agil durchgeführt wird.

Die HERMES-Terminologie garantiert die gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis zwischen der Stamm- und Projektorganisation, zwischen dem Projekt und dem Programm, zwischen dem Projekt-, Anwendungs- und Portfoliomanagement.

Innerhalb der Projektorganisation sind der Auftraggeber, Projektleiter und Anwendervertreter jene Rollen, die für das Funktionieren der Schnittstellen, aber auch für das gesamte Projekt unentbehrlich sind. Der Auftraggeber steuert das Projekt und hat die Gesamtverantwortung für das Vorhaben sowie für das Erreichen der Ziele. Der Projektleiter führt und koordiniert das Projekt und bestimmt dessen Ablauf. Der Anwendervertreter verantwortet die Lösungsentstehung.

Agiles Entwicklungsmanagement mit HERMES

Die HERMES-Projektmanagementmethode ist eine Projektvorgehenshülle, in die eine spezifische agile Entwicklungsmethode wie eine Blackbox eingefügt werden kann. Auf das so eingekapselte Entwicklungsvorgehen geht HERMES nicht weiter ein, es definiert aber aus Steuerungs-, Führungs-, Kommunikations- und Reporting-Gründen entsprechende Schnittstellen. Dies sind entsprechende Ergebnisse und bestimmte Rollen.

Das klassische und das agile Entwicklungsvorgehen haben von der Führung der Rollen der Hierarchieebene Ausführung ein grundsätzlich unterschiedliches Verständnis. Während die klassische Vorgehensweise davon ausgeht, dass der Projektleiter Arbeitsaufträge erteilt, wird bei agiler Vorgehensweise die Arbeit des Entwicklungsteams durch den Anwendervertreter über die Lösungsanforderungen gesteuert, und das Team organisiert seine Arbeit selbstständig. Der Projektleiter führt sein Projekt, er darf jedoch nicht in die Selbstorganisation des agilen Entwicklungsteams eingreifen. Der Anwendervertreter ist als Vertreter des agilen Entwicklungsteams der Ansprechpartner für den Projektleiter.

Die Begriffswelt innerhalb der agilen Entwicklung ist nicht vorgeschrieben, sie richtet sich nach der jeweils eingesetzten Entwicklungsmethode. Festgelegt sind lediglich die Ergebnis-Schnittstellen und die Begrifflichkeiten im Rahmen des Projektmanagements.

Das HERMES-Projektmanagement gibt dem Vorhaben seine einheitliche Struktur und einen ebensolchen Rahmen. Der Projektlebenszyklus steht im Vordergrund, das jeweilige agile Entwicklungsmanagement bildet als eingekapselte Methode eine Blackbox. Das agile Entwicklungsmanagement regelt die Organisation und die Steuerung des Entwicklungsteams und steuert autonom, in einem vorgegebenen Rahmen, die Lösungsentstehung. Die methodenspezifischen Rollenmodelle, Prozesse und Rituale können - Konsens innerhalb der Stamm- und Projektorganisation vorausgesetzt - ungehindert gelebt werden.

Positionierung Programmmanagement

In Organisationen mit weitreichenden und umfassenden Veränderungen benötigt man ein gesamtheitliches Managementsystem, um die Zielerreichung mit einer Gruppe von zusammenhängenden Projekten schlank und koordiniert erreichen zu können. Dieses Managementsystem heisst Programmmanagement und ist eine Erweiterung des Projektmanagements. Im Programmmanagement werden die Projekte in einem Programm zusammengefasst.

In einer Stammorganisation können Projekte und Programme nebeneinander geführt werden. Die Abbildung 4 zeigt beispielhaft ein mögliches Portfolio mit klassisch und agil geführten Projekten und einem Programm, das weitere Projekte beinhaltet. Die Darstellung legt dar, dass ein Projekt eigenständig oder Teil eines Programms sein kann. Ein Programm enthält mehrere Projekte. Projekte und Programme können in einem Portfolio zusammengefasst werden.

Abbildung 4: Gleichzeitiges Führen von Projekten und Programmen in einer Stammorganisation
Abbildung 4: Gleichzeitiges Führen von Projekten und Programmen in einer Stammorganisation

HERMES-Projektmanagement schafft ein gemeinsames Verständnis zum Projekt- und Programmmanagement. Es wird jedoch vorausgesetzt, dass die im Programmmanagement eingesetzten Projektpartner über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, damit sie ihre Rolle erfolgreich wahrnehmen können. Die Erweiterung des Projektmanagements durch das Programmmanagement wird im Anhang zum vorliegenden Referenzhandbuch thematisiert.

Hinweise zur Anwendung

Die Hinweise zur Anwendung beschreiben spezifische Aspekte von HERMES-Projektmanagement. Sie bilden die Basis für ein vertieftes Methodenverständnis, beispielsweise in Bezug auf Governance und Nachhaltigkeit. Sie zeigen zudem auf, wie HERMES in spezifischen Situationen angewendet werden soll und helfen, Interpretationsraum zu reduzieren, beispielsweise bei der hybriden Entwicklung oder der Anwendung von Realisierungseinheiten.